Was ist Biotechnologie?
Die Biotechnologie ist eine interdisziplinäre Wissenschaft (d.h. viele wissenschaftliche Zweige, wie z.B. Mikrobiologie oder Ingenieurswissenschaften, fließen zusammen), die sich mit der Nutzung von Enzymen, Zellen und ganzen Organismen in technischen Anwendungen beschäftigt.
Kernelement biotechnologischer Verfahren ist die Biokatalyse. Erst seit ca. 100 Jahren ist die Biokatalyse im Fokus der Wissenschaft. Der Stoffwechselweg bei jedem Organismus – Pflanze, Tier oder Mensch – wird von Enzymen durchgeführt. In jedem Organismus gibt es meist viele tausend unterschiedliche Enzyme. Enzyme setzen die Aktivierungsenergie herab und beschleunigen dabei Stoffumwandlungen. Durch die Untersuchungen des deutschen Chemikers E. Buchner (1896) mit zellfreien Extrakten von Hefe, die in der Lage waren, aus Glucose Ethanol zu synthetisieren, wurde bewiesen, dass Enzyme auch außerhalb lebender Zellen ihre katalytische Funktion ausüben können.
Dies eröffnete zahlreiche interessante Entwicklungsmöglichkeiten. Der Einsatz technischer Biokatalyse (Bierbrauerei, Sojasauceherstellung etc.) war zwar schon seit Jahrtausenden bekannt, aber hat, angetrieben von der Entwicklung von Waschmitteln, seit den 60er Jahren einen enorme Dynamik bekommen. Mehr als 20 meist mikrobielle Enzyme werden derzeit industriell in größerem Maßstab eingesetzt.
Die wichtigste Eigenschaft von Enzymen ist ihre Spezifität. Dazu kommen noch tausende Enzyme die in Analytik und Bioprozesstechnik verwendet werden. Die Kosten von Enzymen sind dramatisch gesunken, sodass heute niemand mehr den Einsatz von Enzymen zu scheuen braucht. Typische Anwendungen von Enzymen wären beispielsweise Amylasen zur Stärkeverzuckerung, Pectinase zur Fruchtsaftherstellung, Lipasen und Proteinasen bei Waschmitteln, aber auch moderne Anwendungen wie DNA Polymerase bei PCR Tests. Enzyme werden in 6 Klassen eingeteilt, Oxidoreduktase, Transferaen, Hydroloase, Lyasen, Isomerasen und Ligasen.
Enzym Lipase
Enzym Katalase
Enzym DNA-Polymerase
Fermentative Prozesse nützen Mikroorganismen um oft über mehrere Reaktionsschritte hinweg organische Substrate in die gewünschten Produkte umzuwandeln. In diesen Fällen dient die ganze Zelle als Biokatalysator. Obwohl die bekanntesten Bespiele die Essigsäuregärung und die alkoholische Gärung sind, werden heute sehr viele weitere Produkte wie Antibiotika derart hergestellt. Die Einteilung der einzelnen Fermentationsarten kann entweder nach Art der Kultivierung erfolgen (aerob, anaerob), oder unterschieden nach verfahrenstechnischen Gesichtspunkten zwischen diskontinuierlicher Batch, semi-kontinuierlicher Feedbatch und kontinuierlicher Verfahrensweise. Wichtige Fermentationsbedingungen sind beispielsweise pH Wert, Temperatur, Sauerstoffgehalt, Konzentration verschiedener Parameter etc. Gerade bei der Fermentationsüberwachung kommen immer häufig auch Digitalisierungsschritte zum Einsatz.
Im Batch Verfahren wird ein Kulturmedium beimpft, und eine definierte Reaktionszeit kultiviert. Im Fed-Batch-Verfahren wird nachdosiert, im kontinuierlichen Verfahren wird permanent zudosiert und abgezogen. Eine große Bedeutung im fermentativen Verfahren hat auch die Aufreinigung der Endprodukte, das Downstream Processing.
Historische Meilensteine
Zu den historischen Meilensteinen in der Biotechnologie zählen sicherlich die mikrobiologischen Arbeiten von Luis Pasteur und Robert Koch in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts.
Weiters die Aufklärung der DNA-Struktur in der Mitte des 20. Jahrhunderts und fortschreitende molekularbiologische Entwicklungen wie die CRISPR/Cas Methodik deren Entwickler 2020 den Nobelpreis für Chemie erhielten.
Typische Geschäftsfelder
biotechnologische Verfahren sind medizinisch-pharmazeutische Anwendungen, wie z.B.
- Herstellung von Medikamenten und Diagnostika
- Produktion von technischen Enzymen (z.B. Waschmittel)
- Herstellungsverfahren für Lebensmittel
- Herstellungsverfahren für chemische Produkte
- Abfallbehandlung
Nachhaltige Bioprozesse
gehören zum Konzept der Kreislaufwirtschaft. Sie beruhen auf Produktrecycling und der Nutzung bereits vorhandener Abfallströme. Die Biotechnologie bietet das Potential, Abfallstoffe, insbesondere Kunststoffe, im großen Maßstab in Biomasse oder Kohlendioxid umzuwandeln und daraus neue Wertstoffe zu schaffen.
Die Zukunft: Multi-Parameter-Inline-Analytik
Interdisziplinäre Wissenschaft
Als interdisziplinäre Wissenschaft ist es für die Biotechnologie nicht leicht, sich von anderen Disziplinen abzugrenzen. Dennoch ist zur Beurteilung der „Fitness“ einer Region für biotechnologische Forschung und Unternehmertum eine Abgrenzung nötig. Biotechnologisch nahe stehende Fachrichtungen, zu denen jedoch eine (wenn auch vielleicht etwas verschwommene) Grenze besteht wären Enzymtechnologie, Molekularbiologie, Bionik, Bioökonomie, Insektenbiotechnologie, synthetische Biotechnologie, Medizintechnik und Pharmazie.
Proteinforschung am acib